In den USA und Großbritannien wurde die letzten Jahre schon viel über Sardellen berichtet. In den Karten großer Restaurants sieht man sie dort immer öfter. Man kann mittlerweile schon von einem Anchovi-Trend sprechen. Wie kommt das? Sind Sardellen nicht diese kleinen, salzigen und irgendwie ziemlich fischigen Fischchen? Und wurden Sardinen nicht ob ihrer schnellen, überaus preiswerten Verfügbarkeit während zweier Weltkriege vor allem zur Truppenverpflegung verwendet? Sind Sardellen und Sardinen nicht das Gleiche? Antworten in dieser STORY.  

Sardellen, Sardinen, Anchovis

Sardellen werden auch Anchovis genannt. Anchovis ist die Fischart. Unter Sardellen versteht man die fermentierten kleinen Fischchen, die es auch hier im Onlineshop gibt.

Sardinen sind eine andere Fischart. Sardinen sind größer als Sardellen. Beide sind aus der Familie der heringsartigen Fische.

Beide Fischarten kennen wir vor allem aus der Dose. Sie verderben ziemlich schnell und eigenen sich frisch nicht sehr gut für den Transport. Doch auch geschmacklich liegen Welten zwischen den beiden Arten. Sardellen schmecken salziger als Sardinen und deutlich stärker nach Fisch. Sardinen isst man gerne pur, vielleicht ein bisschen wie die klassischen deutschen Dosenfische in Tomatensauce eingelegt, zur Brotzeit. Sardellen hingegen verkocht man eher, um Gerichten einen extra Boost Umami zu verleihen. Wir essen Sardellen allerdings auch sehr gerne einfach nur mit einem Butterbrot.

ORTIZ_Anchoas

Omega-3, Fettsäuren und Überfischung

Überdimensionierte Limousinen fahren, in riesige Flatscreens glotzen, All-you-can-eat bis zum Abwinken: Man könnte meinen, heutzutage sei nur noch „big“ auch wirklich „beautiful“. Aber bitte nicht mit uns! Wir zelebrieren in dieser STORY kleinen Fische – und sind der Meinung, dass diese auch in Deutschland groß rauskommen sollten.

Sardellen (Anchovis), Sardinen, Makrelen oder Heringe werden heute zu 90% als Futterfische verkauft. Das heißt, die Fische werden fast ausschließlich verwendet, um damit Thunfische, Lachse, Schweine oder Hühner zu füttern. Die Bilanz dabei ist eigentlich verheerend: Aus 7 Kilo Futterfisch kann man oft nur 1 Kilo Fisch- oder Schweinefilet produzieren.

Omega3-Futterfische

Das muss nicht sein. Denn eigentlich sind die kleinen Fische selber eine hochwertige Nahrungsquelle. Sie sind super gesund! Weil sie selber Algen fressen, reichern sie weniger Schadstoffe als fischfressende Arten an. Sie sind ein fantastischer Protein-Lieferant und enthalten eine Menge der Omega-3 Fettsäuren DHEA und EPA, die besonders gut fürs Gehirn sind, wie Wissenschaftler der Universität von Kuopio nachgewiesen haben. Die finnischen Forscher untersuchten über 3.600 Probanden über einen Zeitraum von fünf Jahren. Das Ergebnis war erstaunlich: Teilnehmer, die dreimal pro Woche oder häufiger Fischsorten mit einem hohen Anteil an Omega-3 Fettsäuren zu sich nahmen, wiesen ein deutlich niedrigeres Risiko für stille Hirnläsionen auf als Menschen, die weniger oder gar keinen Fisch verzehrten. Bei Teilnehmern, auf deren Speiseplan nur einmal pro Woche Fisch stand, konnten bereits weniger gefährliche Veränderungen festgestellt werden. Natürlich ist es immer schwierig anhand von Ernährungsstudien Rückschlüsse zu ziehen, aber diese lifert eine durchaus interessante Hypothese. Gesündere Leute essen öfter kleine Fische oder Leute die kleine Fische essen sind gesünder. Wie auch immer unsere Fischchen sind auf jeden Fall super lecker.

Sie werden für bekannte Saucen verwendet wie in Remoulade und Worcestershire Sauce oder im Dressing für den berühmten Caesar Salad, weil sie sehr Umami sind und die Saucen dadurch ein herrlich intensives Geschmackserlebnis bieten. Sardellen passen außerdem sehr gut zu rotem Fleisch, insbesondere auch zu Lammfleisch. Die Umami-Bestandteile in Anchovis wirken zusammen mit den Umami-Bestandteilen im Fleisch – und steigern das Geschmackserlebnis enorm. Die gefischten Sardellen werden seit Jahrhunderten nach der immer gleichen traditionellen Methode verarbeitet: Nach Anlandung der Fangschiffe werden die Fische ausgenommenen, in Holzfässern mit Salz eingelagert und schließlich beschwert, da für die enzymatische Reifung ein bestimmter Druck erforderlich ist. Nach einigen Monaten bekommt das Fleisch der in Ruhe ausgereiften Sardellen eine zartrosa Färbung und erhält sein ganz besonderes, einmaliges Aroma.

Sardinen wiederum sind das erste Produkt überhaupt, das sehr erfolgreich in Konserven vermarktet wurde. Ihren Ruf als relativ kalorienreicher Fisch haben Sardinen eigentlich nicht verdient. Mit nicht mal 5g Fett pro 100g liegen sie zwar etwas über den ganz mageren Seefischsorten, liefern aber bei einer durchschnittlichen Portion von etwa 200 g immer noch erfreulich wenige Kalorien. Vor allem aber ist auch der Omega-3 Anteil im Fett sehr hoch. Als Proteinlieferant wurden sie während der Weltkriege vor allem für die Ernährung der Truppen in Übersee genutzt. Einen Genussartikel stellt man sich anders vor. Nach dem zweiten Weltkrieg waren die Bestände aufgrund von Überfischung und natürlichen Zyklen stark dezimiert. Vielleicht wurden sie aufgrund ihrer Seltenheit wieder spannender? Denn auch heute sind die Sardinenbestände leider schon wieder überfischt. Das liegt aber nicht daran, dass so viele Sardinen in Dosen landen. Schätzungen gehen davon aus, dass ca. 80% der im Pazifik gefangenen Sardinen als Fischfutter für die Tunfischzucht in Mexiko oder Australien benutzt werden.

Wir finden auf jeden Fall, dass beide Fische super lecker sind. Und schlagen daher vor, Sardinen und Sardellen direkt zu genießen, statt Thunfisch zu kaufen.

Trend Jahrgangssardinen

Jahrgangssardinen? Ihr habt richtig gehört. Im Artikel Futterfische und Überfischung haben wir ja schon darüber geschrieben, warum kleine Fische fantastisch sind. Aber daraus jetzt Jahrgangssardinen machen, die dann natürlich wie Jahrgangswein ziemlich teuer sind? Was steckt hinter diesem Trend?

Bereits ↑ 2004 hat Der Spiegel über Jahrgangssardinen geschrieben. Das Thema ist damals aber noch untergegangen in der Food-Szene.  Erst in den letzten Jahren wurde dieses Thema bei den Größen der deutschen Kulinaristik wieder interessant.

Um was es letztendlich geht: Beste Sardinen zur richtigen Zeit gefangen, handwerkliche Verarbeitung, eine sehr hohe Qualität beim Olivenöl und die Sardinen dürfen vorher nicht eingefroren werden. Dann lässt man die Dose oder das Glas Sardinen einige Jahre liegen (ev. auch 20, das Haltbarkeitsdatum spielt keine Rolle) und freut sich über den fantastischen Genuss. Denn das Olivenöl durchzieht natürlich nach und nach den Fisch und macht diesen noch besser, die feinen Gräten sind bereits nach 5 Jahren mürbe. Das Aroma wird vielschichtiger und feiner.