In diesem Dossier gehen wir der Frage nach GUTEM und SCHLECHTEM Essen nach. Was ist gutes Essen? Was ist schlechtes Essen und wie kann uns die Wissenschaft oder wie können Philosophien und auch Religionen bei der Entscheidung hilfreich sein?  

 

Inhaltsverzeichnis

Paleo Steinzeitdiät

Im Wesentlichen geht es darum, vor allem mageres Fleisch, Gemüse, Obst und Nüsse zu essen und das möglichst oft roh. Milch, Getreide und Hülsenfrüchte, die Errungenschaften aus Viehzucht und Ackerbau sind, werden gemieden. Der Eiweißanteil soll bis zu 35% statt der gewöhnlichen 15% betragen. Die Idee hinter dem Konzept ist, dass unsere Vorfahren keine Zivilisationskrankheiten wie Diabetes oder Krebs hatten und die Ernährung dafür verantwortlich sein könnte.

Wichtige Fragen zur Steinzeitdiät?

Warum wurden ausgerechnet in den letzten 8.000 Jahren so viele kulturelle Errungenschaften erreicht mit der modernen Getreideernährung?

Was haben die Menschen in der Steinzeit überhaupt genau gegessen und kann man das für die gesamte Welt verallgemeinern? Schließlich war und ist der Mensch schon immer ein Allesfresser.

Hatten die Menschen früher tatsächlich kein Krebs oder andere Zivilisationskrankheiten?

In der Tat haben Ackerbau und Viehzucht den Menschen kulturell nach vorne gebracht. Denn durch Ackerbau entstand Vorratshaltung, dadurch wurden größere Siedlungen möglich, Arbeitsteilung, Religion und Politik.

Außerdem hat uns der Austausch durch Handel zwischen größeren Menschenmassen in Städten und über weite Strecken hinweg bis heute beflügelt. Auch wenn gerade viele ihre Komfortzone durch Mauern und Grenzen abschotten möchten, war und ist dieser Austausch, der durch Ackerbau und Viehzucht erst ermöglicht wurde, entscheidend für unsere Kultur und Handel.

Stellt sich die Frage, ob wir denn mehr Rohkost, wie der Steinzeitmensch, zu uns nehmen sollten? Hat der Steinzeitmensch überhaupt so viel Rohkost gegessen? Niemand weiß genau, seit wann der Mensch das Feuer und damit Kochen beherrscht. Denn Kochen ist gerade bei stärkehaltigen Wurzeln und Getreiden, sowie Hülsenfrüchten wichtig, um die Nährstoffe verfügbar zu machen.

Mit Sicherheit gab es auch Steinzeitmenschen, die viele Kohlenhydrate zu sich genommen haben. Funde belegen das. Andererseits belegen Funde eben nicht, dass Steinzeitmenschen vor allem Fleisch und Rohkost gegessen haben.

Wie Ihr in unserem Special „Warum kocht der Mensch?“ lesen könnt, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass der Mensch bereits vor ca. zwei Millionen Jahren angefangen hat zu kochen, also deutlich vor der Steinzeit. Dass Steinzeitmenschen viel oder nur Rohes gegessen haben, stimmt also nicht.

Waren die Menschen vor vielleicht einer Million Jahren aber zumindest gesünder? Auch das ist schwer zu beantworten. Man könnte auch sagen, wir wissen es nicht. Damals sind sowieso fast alle mit 25 gestorben. Altersleiden konnten da kaum auftreten.

Zudem haben sich die Menschen damals nicht nur anders ernährt, sondern auch anders bewegt und hatten insgesamt sehr unterschiedliche Tagesabläufe. Neben der Ernährung spielen Umweltgifte und Stress heute mit Sicherheit auch eine große Rolle bei den vielen Volkskrankheiten.

Paleo-Steinzeitdiät

Ist die Steinzeitdiät gesund?

Moderne Ernährungsstudien sind schwierig, da man nie per Zufall entscheiden kann, wer sich jetzt „wie“ und für „wie lange“ ernähren soll. Auch auf diesem Feld gibt es zu Paleo nicht wirklich fundierte Erkenntnisse. Es gibt also insgesamt keine Belege, dass Paleo oder Steinzeitkost gesund ist.

Zwischen Rohkost und Fertigpizza gibt es eine Menge Graustufen. Statt wieder etwas zu verteufeln (früher Fett, jetzt Kohlenhydrate) wäre ein eigenes Bewusstsein für das, was einem selbst gut tut, heute wesentlich wichtiger als Foodtrends. Denn wer mit Paleo zu viel Eiweiß zu sich nimmt, wird sich vielleicht schon in 10 Jahren mit anderen Studien befassen müssen, die zu viel Eiweiß als schädlich entlarven.

Was ist Demeter?

Der Demeter Verein definiert Richtlinien, die zusätzlich zu den Bio-Richtlinien der EU weitere Mindestkriterien festlegen. Diese Richtlinien werden vom Verein selbst auf Einhaltung kontrolliert.

Welches sind die wesentlichen Unterschiede zur EU-Biozertifizierung?

  • Verzicht auf Hybridsorten
  • Verzicht auf Gentechnik und Zellfusionstechnik bei der Züchtung
  • Der gesamte Betrieb muss auf die Standards umgestellt werden, es ist nicht möglich Teile konventionell zu betreiben.
  • Kreislaufwirtschaft aus Viehwirtschaft und Futtermittelproduktion, zur gesamtheitlichen Verwendung aller Stoffe.
  • 100 % Bio ohne Ausnahme, mindestens 50 % des Futters muss selber produziert werden.
  • Verzicht auf alle Zusatzstoffe und Aromen.
Demeter

Geschichte zum ältesten Bio-Anbauverband der Welt

Die Geschichte beginnt mit einigen Vorträgen im Jahr 1924, in denen Rudolf Steiner die Eckpfeiler einer biodynamischen Landwirtschaft skizziert. Schon 1931 wurden über 1.000 Landwirtschaftsbetriebe im Deutschen Reich biodynamisch betrieben.

Nach dem Verbot 1941 durch die Nationalsozialisten entwickelten sich seit dem 2. Weltkrieg wieder umfangreiche Netzwerke, die wissenschaftliche Forschung betreiben, um die Ideen des biodynamischen Anbaus weiter zu entwickeln. Mit dabei sind auch Universitäten. So setzt sich Demeter heute dafür ein, die Bodenqualität und das Tierwohl auf vielen Ebenen zu schützen. Landwirte, Produzenten und Händler werden aktiv dabei unterstützt, ihre Betriebe nachhaltig zu organisieren und betriebswirtschaftlich zu führen.

Demeter als Lobbyverband 

Demeter ist ebenso ein Lobbyverband, der sich dafür einsetzt, die biodynamische Landwirtschaft in Deutschland und Europa voranzubringen. So ist es auch für Verbraucher möglich, als Fördermitglied einzusteigen und so die eigenen Interessen als Verbraucher sowohl innerhalb der Vereinsorganisation als auch nach außen politisch durchzusetzen. Ab 30 €/Jahr kann man Mitglied werden.

Demeter als spiritueller Firlefanz

Die Sache mit dem Kuhmist kennt Ihr? Bei Demeterbauern wird Kuhmist im Kuhhorn einen Winter lang eingegraben und im Frühling mit Wasser verdünnt auf die Felder gespritzt. Laut Demeter soll es die Pflanzen stärken und den Ertrag steigern.

Auf wissenschaftlicher bzw. materiellen Ebene ist eine Wirkung schwer nachweisbar. Die Universistät in Pisa hat Substanzen entdeckt, die die Bodenkultur fördern.  Insgesamt geht es beim Kuhhorndung laut Demeter aber eher um die Information, die auf dan Acker getragen wird. Das vergrabene Kuhmist reichert Informationen aus dem Weltall an.

Wir erkennen einfach mal an, dass unser Sonnensystem unfassbar groß ist. Die Galaxie in der wir leben, die Milchstraße, ist noch viel schwieriger für den menschlichen Geist zu fassen. Aber die Tatsache, dass selbst die Galaxie wiederum nur ein Teil des Universums ist und es noch unzählige weitere Universen gibt, ist unfassbar.

Niemand kann wissen, welche Auswirkungen der Mars oder andere Planeten auf uns haben. Das es Menschen gibt, die an mehr glauben oder mehr vorgeben zu wissen, als das, was man unmittelbar wissenschaftlich messen kann, ist in Ordnung.

Und da es um Essen geht, zählt für uns erst mal der Eindruck, den wir von Demeterprodukten haben, nämlich guter Geschmack, nährstoffreiche Lebensmittel und zufriedene Produzenten. Warum sollten wir also nicht einverstanden sein, dass unsere Demeter-Bauern sich mit der kosmischen Energie im Einklang bewegen?

Werde dein eigener Führer

Was wir Essen wird bei den meisten Menschen vor allem von zwei Dingen beeinflusst. Zum einen ist entscheidend, wie wir in der Kindheit gefüttert wurden. Zum anderen, an was wir glauben, also Ernährungswissenschaft und -philosophien wie Veganismus und Religionen. Betrachtet man das Ganze historisch, dann kann man zusammenfassen, dass wir in uralter Zeit an die Weisheit eines Führers geglaubt haben. Je stärker und intensiver die kulturellen Errungenschaften wurden, desto stärker standen Religionen und deren Ideen im Vordergrund. Heute „glauben“ bzw. vertrauen wir vor allem auf die Wissenschaft, die uns durch angeblich objektives Wissen steuert. Das die wissenschaftsgetriebene Ernährungsideologie durchaus schwierig ist, erzählt uns Uwe Knop im Interview.

Aber was ist denn nun gut für uns? Können wir im Bereich der Ernährung tatsächlich für alle Menschen festlegen, was gut und was schlecht ist? Gibt es einen einzigen Ernährungsstil, der ein gesundes und glückliches Leben garantieren kann und gleichzeitig noch die Welt vor der Umweltkatastrophe bewahren wird?

Die Idee der somatischen Intelligenz ist, dass wir selbst merken was gut und schlecht für uns ist und dadurch in die Lage versetzt werden selbst zu entscheiden. Ist die 5. Tasse Kaffee vielleicht genau richtig für mich oder fühle ich mich vielleicht sogar abgeschlagener? Darf ich einen Teller Nudeln ohne schlechtes Gewissen essen? Fühle ich mich wach, fit, gesund, überfressen, träge, müde oder gar geschwächt nach dem Essen? Schmeckt uns etwas oder nicht, und wie verändert sich der Geschmack dazu währen der Tageszeiten und Lebensphasen? Somatische Intelligenz ist die Kunst, körperliche und geistige Reaktionen zu beobachten und daraus zu schließen, ob etwas gut oder schlecht für uns ist und daraus wiederum Entscheidungen für zukünftiges Essverhalten abzuleiten. Man selbst wertet aus und entscheidet. Ganz ohne Deutsche Gesellschaft für Ernährung und Smartphone App oder Apple Watch.

Stellt Euch nur mal vor, dass jedes Individuum ganz eigene Bedürfnisse hat. Gar nicht schwer zu verstehen! Warum gibt es dann Ernährungsempfehlungen für uns Deutsche bzw. die ganze Menschheit? Und zwar nicht irgendwie als Richtlinie, sondern haarklein aufgeschrieben bis ins Detail: Fünf Mal am Tag Obst essen ist sehr konkret. Mit welchem Gewicht man sich zufrieden zu fühlen hat, wird sehr genau festgelegt, obwohl es mittlerweile schon wieder viele Studien gibt, dass viele Menschen über Normalgewicht gesünder sind.

Aber wie kann man selber feststellen, was einem gut tut? Diese Frage ist durchaus problematisch, denn nicht jeder kann die Zeichen deuten und natürlich spüren wir viele langfristigen Auswirkungen erst deutlich später und Rückschlüsse sind nicht immer ganz einfach herzustellen. Somatische Intelligenz will gelernt sein und noch dazu ist sie störanfällig. Insbesondere Industrieprodukte und viele Restaurants benutzen eine Menge Zusatzstoffe, die diese Intelligenz in die Irre führen, wie das Beispiel Süßstoff zeigt. Süßstoff kann in Mastfutter für Tiere gepackt werden, damit diese mehr essen. Aber wie kann das sein, wenn Süßstoff doch gar keine Kalorien hat? Ganz einfach, wir täuschen dem Körper vor, dass er kalorienreiche Nahrung bekommt. Unsere Geschmacksnerven sagen süß, unsere Verdauung stellt sich auf Süßes ein, dieses kommt dann aber nicht. Unser Körper verlangt geradezu nach Süßem, weil er alles zur Verfügung gestellt hat, um Süßes zu verarbeiten.

Folgende Aspekte der somatischen Intelligenz sind interessant:

  • Den Körper zu täuschen mit Süßstoff, Glutamat, raffiniertem Salz oder Aromen, kann bedeuten, dass dieser falsch reagiert. Selber Kochen und bewusst essen ist also eine Grundvoraussetzung. Sport hilft, sich selber besser wahrzunehmen.
  • Eigene Bedürfnisse zu unterdrücken ist schwierig. Vielmehr sollte man mit Aufmerksamkeit verfolgen warum diese Bedürfnisse entstehen und was für Auswirkungen diese haben. Warum habe ich Heißhunger, was bewirkt meine Freßattacke?
  • Sich selbst Achtsamkeit entgegenbringen als Schlüssel zur Erkenntnis im Alltag insgesamt. Was löst bei mir was aus. Beobachtet Euch mehr selbst.
  • Es erfordert Achtsamkeit, die Reizüberflutung der modernen Zeit einzuschränken, damit man sich überhaupt wieder wahrnimmt. Multitasking ist eines der größten Hindernisse für Achtsamkeit. Essen und gleichzeitig am Smartphone spielen zum Beispiel

Sind also Ernährungsphilosophien und –wissenschaft unnötig? Die somatische Intelligenz ist nur eine Intelligenz. Der heute allseits geschätzte Verstand mit dem rationellen Denken kann uns enorm weiterhelfen, auch in Zukunft eine gute Ernährung für die gesamte Bevölkerung zu ermöglichen. Warum nicht Ideen wie Veganismus einfach Mal ausprobieren und beobachten, wie man selber darauf reagiert? Man sollte dabei nur vorsichtig sein, wenn die Ratio behauptet, Veganismus (fettfreie, kohlenhyratfreie Ernährung, Putenfleisch…) ist auf jeden Fall gut für uns, weil diese und jene Studie dieses und jenes ergeben hat. Die Studien selbst sind nur Beobachtungen von irgendeinem Teilausschnitt der Wirklichkeit. Sie sind nicht objektiv!

Wichtig ist grundsätzlich die Frage, warum esse ich überhaupt? Mit geschärfter Aufmerksamkeit kann man herausfinden, woher der “Jeeper” kommt: Bin ich emotional frustriert, will ich mich belohnen oder habe ich einfach den ganzen Tag noch nichts gegessen und bin deswegen unterzuckert. Dieses Beispiel zeigt auch, dass Erkenntnisse der Wissenschaft nicht schlecht sein müssen. Unser Wissen über Blutzuckerspiegel und wie wir Energie verdauen und verbrennen kann durchaus ein Anstoß sein, sich eben nicht für die Süßigkeiteninfusion zu entscheiden, sondern je nach Bedarf einen Apfel oder ein Vollkornbrot zu essen.

Apropos Äpfel und Vollkornbrot: Es gibt durchaus Menschen, die die natürlichen Abwehrstoffe in der Schale von Getreide, Obst oder Gemüse nicht vertragen. Auch hier sollte es keine dogmatische Betrachtungsweise geben, auch wenn Ballaststoffe und Vollkornprodukte sehr wichtig für die Verdauung sein können. (Siehe auch „Kohlenhydrate und Verdauung“)

Laut Thomas Frankenbach kann auch Sport einen wesentlichen Mehrwert beim Sich-Selbst entdecken einbringen. Meditation und andere Übungen können außerdem einen wesentlichen Beitrag leisten, den Blick auf sich selbst zu schärfen. Natürlich können auch Apps dabei helfen, sich mehr zu bewegen oder anderes Verhalten zu ändern. Andererseits mögen für den einen 3.000 Schritte pro Tag gut sein, für den anderen 30.000; man vergisst mit Apps und Führern schnell wieder, auf sich selbst zu hören.

Interview Uwe Knop zur Ernährungswissenschaft

Uwe Knop ist Diplom-Ökotrophologe (Ernährungswissenschaftler) und Autor der Bücher “Hunger & Lust” und “Esst doch, was ihr wollt”. Er hat sich die letzten Jahre intensiv mit der Frage beschäftigt, welche Erkenntnisse der Wissenschaft uns helfen können, gesünder zu essen. Denn in Zeiten permanenter Selbstoptimierung steht auch das Thema Ernährung im Fokus. Dabei versuchen viele Menschen anhand von wissenschaftlichen Erkenntnissen Anhaltspunkte für eine gesündere Ernährung zu finden. Kann das funktionieren?

Stetter: Ich würde gerne verstehen, welcher Lebensumstand Sie dazu gebracht hat, sich mit dem Thema Ernährungswissenschaft zu beschäftigen? 

Knop: Ich esse und genieße gerne, also dachte ich mir damals, 1994, „Ernährungswissenschaft ist doch genau das passende Studium“. Nur leider erklärten die Professoren seinerzeit in keiner Vorlesung, dass es keine Beweise für irgendeine Ernährungsregel gibt und auf welch´ schwachen Daten unsere Erkenntnisse zu „gesunder“ Ernährung basieren. Dieses Grundwissen muss man sich danach selbst aneignen. Als ich mehr als zwei Jahrzehnte später dann im wahrsten Sinn „die Schnauze voll hatte“ von der omnipräsenten Ernährungspropaganda zu gesunden und ungesunden Lebensmitteln, da habe ich mein Wissen in HUNGER & LUST zusammengefasst – mit dem Ziel, dass jeder Leser nach Lektüre des Buches die perfiden Mechanismen der Ernährungslobby durchschaut und als mündiger Essbürger selbst bewusst entscheidet: Glaube ich weiterhin an frei erfundene Regeln zu gesunder Ernährung oder vertraue ich doch lieber auf meinen eigenen Körper?

Stetter: Wie entstehen die Erkenntnisse der Ernährungswissenschaft?

Knop: Fast das gesamte Wissen zur „gesunden“ Ernährung basiert auf sogenannten Beobachtungsstudien. Diese Studienform hat ein ganz gravierendes Handicap: sie kann keine Ursache-Wirkungs-Beziehung liefern (Kausalitäten), uns also nicht sagen „mach dieses, dann passiert jenes“. Genau das aber wird ständig gemacht. Jeder kennt die zahlreichen Aufforderungen wie „Esst mehr Obst und Gemüse, verzehrt weniger rotes Fleisch, werdet Veganer und Vegetarier oder verwendet weniger Salz.“ Diese Liste ließe sich beliebig ausdehnen. Fakt ist, es existieren für diese Aussagen – wenn überhaupt – lediglich statistische Zusammenhänge, sogenannte Korrelationen, die nur Vermutungen und Hypothesen erlauben, sonst nichts. Als Beispiel, stark vereinfacht: In einer Studie fand man die Korrelation, dass Bananenesser am längsten leben – daraus wird dann die Kausalität gestrickt „Bananen verlängern das Leben.“ Ob nun Bananen oder Ballaststoffe da stehen, das ist egal. Das Schema ist das gleiche. An diesem Beispiel kann jeder schnell nachvollziehen, dass diese Zusammenhänge weder logisch noch ursächlich sein müssen. Bei Salz, Zucker und anderen „bösen Buben“ werden diese Aussagen dann jedoch mit ordentlich Suggestivpower kausal verpackt, so dass sie ins ideologische Bild passen.

Stetter: Gibt es also keinen einzigen wissenschaftlichen Beweis zur gesunden Ernährung?

Knop: Richtig, man muss es klar sagen: Es gibt keinen einzigen Beweis für gesundheitsfördernde oder krankmachende Ernährung. Daher sind die Ernährungswissenschaften in einer „bemitleidenswerten“ Lage, wie es einst sehr passend der Direktor des deutschen Cochrane-Instituts Professor Gerd Antes formulierte. Und da es keine Beweise gibt, sind Beobachtungsstudien auch nicht dazu geeignet, präventive oder therapeutische Empfehlungen abzuleiten. Man kann daraus nur Hypothesen formulieren, die dann in klinischen Studien überprüft werden müssen: randomisiert, doppelblind, plazebokontrolliert. Aber das ist nicht möglich und wird es nie geben. Allein die wichtigste Frage nach Randomisierung der Studienteilnehmer, also wie man diese zufällig in Gruppen aufteilt, ist unlösbar. Man kann ja nicht einfach 10.000 Menschen fünf Jahre lang zu Vegetariern oder Fleischessern machen, nur weil sie für diese Studie in die entsprechenden Gruppen ausgelost wurden. Auch Plazebofleisch auf dem Teller wird es nicht geben. Ein weiterer wesentlicher Schwächefaktor der Ernährungsbeobachtungsstudien ist das Datenfundament, auf  dem die Korrelationen basieren: es sind die eigenen Angaben der Probanden, die niemand überprüfen kann. D.h. wer was, wann, wie oft gegessen und getrunken hat, weiß im Grunde niemand, denn hier wird gerne mal geschummelt.

Stetter: Die Ernährung scheint immer mehr eine Frage der Mode zu werden. Können Sie uns anhand des aktuell beliebten Modetrends Veganismus aufzeigen, wie solche Trends wissenschaftlich angeblich gestützt werden bzw. eben gerade nicht? 

Knop: Jeder Ernährungstrend, egal ob vegan, paleo oder sonstwas, liegt entweder der gleiche Kardinalsfehler zugrunde oder er basiert auf der bewussten Fehlinformation von Lobbyisten und Gurus: Anhand von Korrelationen, häufig nicht einmal statistisch signifikant, werden Kausalitäten abgeleitet und als „Heilsversprechen“ kolportiert. Also wenn in einer Studie beobachtet wurde, dass Vegetarier seltener an Herzinfarkt starben, dann machen die Veggie-Lobbyisten daraus „Vegetarische Ernährung schützt das Herz“. Dass gleichzeitig die Gesamtmortalität in beiden Gruppen gleich hoch ist, wird dann gerne verschwiegen, so z.B. in der EPIC-Oxford-Studie. Aktuell behauptet beispielsweise der VEBU, der Vegetarierbund „Obst senkt das Lungenkrebsrisiko“ – das ist die Krebsart, die bei Frauen am häufigsten zum Tode führt. Derartige Heilsversprechen, die nicht nur wissenschaftlich völlig unhaltbar, sondern auch ethisch-moralisch verwerflich sind, kennt man in der Regel nur von pseudoreligiösen Sekten.

Stetter: Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung sagt ja sehr konkret, was wir essen sollen. Es gibt die Ernährungspyramide und viele andere Empfehlungen. Wie sind diese Empfehlungen einzuschätzen? 

Knop: Das ist nicht mehr als frei erfundene Prosa. Fragen Sie die DGE doch mal, ob es irgendeinen Nutzennachweis gibt, dass diese Regeln die Gesundheit der Bürger auch nur ein Promille gefördert haben. Da herrscht Schweigen im Walde. Umgekehrt weiß aber auch niemand, ob diese Fantasien zu gesunder Ernährung keinen Schaden anrichten, beispielsweise Verdauungsstörungen oder Orthorexie, der Zwang sich gesund zu ernähren – das ist eine der neueren Ernährungspsychosen.

Stetter: Wenn wir also keine Anhaltspunkte aus der Wissenschaft bekommen, was ist Ihre Empfehlung? Worauf sollte man achten? 

Knop: Vertrauen Sie auf Ihren Körper. Essen Sie nur dann, wenn Sie echten, körperlich-biologischen Hunger haben und dann nur das, worauf Sie Lust haben, was ihnen lecker schmeckt und was Sie gut vertragen. Spüren Sie dieses wohlige Stöhnen aus der Tiefe des Bauches wieder, wenn Sie Ihre Mahlzeiten genießen. Essen ist Genuss zur Lebenserhaltung, die unser Körper mit wunderbaren Wohlgefühlen belohnt – wenn wir das essen, was der Körper will und nicht das, was der ernährungsapostolisch verseuchte Verstand fordert. Wer an dieser „Intuitiv-Essen-Alternative“ zweifelt, der sollte sich fragen: Wer außer meinem Körper kann wissen, welche Nahrung gut und gesund für mich ist? Ich meine: niemand. Die Wahrheit liegt in jedem einzelnen Körper selbst, denn: Jeder Mensch is(s)t anders.

Stetter: Was halten Sie von alten Ernährungsvorschriften (Ayurveda, 5 Elemente, abrahamitische Religionen,…), die im philosophischen bzw. religiösen Kontext Ihre Grundlage haben? 

Knop: Hier bekommt man zur Religion gleich eine Ernährungsreligion mitgeliefert. Für Doppelgläubige ideal. Natürlich ist es egal, wo eine Ernährungsideologie ihren Ursprung hat – Beweise für die „heilsbringenden Eigenschaften“ gibt es für keine der zahlreichen Ernährungsformen. Hier dominiert stets Glaube vor Wissenschaft.

Für Uwe Knop ist also das eigene Empfinden die sogenannte somatische Intelligenz entscheidend.